In Deutschland und auch im Rest der Welt herrschte eine allgemeine Aufbruchstimmung und Revolutionen gegen die herrschenden Zustände waren an der Tagesordnung. Kein Wunder also, dass Studentenbewegungen und Bürgerunruhen das Jahrzehnt prägen. Vor allem die junge Bevölkerung setzt sich mit Sit-ins gegen bestehende Konventionen friedlich zur Wehr. Dabei spielte besonders die Gleichberechtigung von Mann und Frau eine wichtige Rolle. Die Erfindung der Anti-Baby Pille fördert die sexuelle Selbstbestimmung der Frau und leitet eine übergreifende sexuelle Revolution ein.
Die 60er Jahre waren wirklich eine aufregende Zeit.
Besonders die Flower-Power Bewegung mit ihren freiheitsliebenden Hippies repräsentiert eine nie gekannte Sexualmoral. Natürlich äußerte sich der Wandel in politischen und gesellschaftlichen Ansichten auch in der Mode der 60er Jahre. Die prüden Moralvorstellungen der 50er Jahre wurden über den Haufen geworfen und die Grenzen zwischen typisch männlich und typisch weiblich verschwammen zusehends.
Doch was trug die trendbewusste Frau der 60er Jahre und wie kleidete sich der moderne Mann? Die neugewonnene Freiheit der 60er Jahre äußert sich in sehr abwechslungsreichen, modischen Erscheinungen, die untrennbar mit den „Swinging Sixties“ verbunden sind.
Von Elegant über wild bis hin zu androgyn – Der Look in den 60er Jahren
Die Mode der Frauen in den 60er Jahren war wirklich abwechslungsreich und von starken Gegensätzen geprägt. Der elegante Look der 50er Jahre wurde ersetzt durch einen sehr jugendlichen Stil. So ist es kaum verwunderlich, dass die rebellierende Jugend die Mode der 60er Jahre am stärksten prägte und beeinflusste. Statt Etikette und Konventionen stand nun ein wilder Lebensstil im Vordergrund.
Dies zeigte sich auch in den typischen Modeerscheinungen der 60er Jahre, schließlich war Mode von nun an mehr als nur Kleidung. Sie war Ausdruck einer Lebenseinstellung und somit von großer Bedeutung für die Darstellung der eigenen Ansichten. Zu den wichtigsten Ikonen der 60er Jahre zählte die sinnliche Brigitte Bardot, die elegante Jackie Kennedy und das androgyne Model Twiggy.
Jackie Kennedy und das androgyne Model Twiggy.
Vor allem das englische Model Twiggy repräsentiert das neue Geschlechterbild der 60er Jahre. Twiggy wirkte durch ihre blondierten, kurz geschnittenen Haare und den wenig weiblichen Körper sehr knabenhaft. Statt figurbetonten Kleidern setzten sich immer mehr weite Kleider durch, in denen die Silhouette der Frau verschwand. Dabei wurden die Schnitte immer kürzer. Absolutes Markenzeichen der 60er Jahre ist der Minirock.
Die Designerin Mary Quant machte den kurzen Rock nicht nur salonfähig, sondern zum prägnanten Kultobjekt der 60er Jahre. Von nun an war das Knie nicht mehr bedeckt, sondern der Rocksaum endete 10 cm oberhalb des Knies. Der Minirock wurde so beliebt, dass Frau ihn selbst im Winter zum Mantel trug. Als Alternative zum Minirock eignete sich ein androgyn geschnittener Hosenanzug mit gerader Jacke.
Der Erfolg des Minirocks machte auch die Feinstrumpfhose populär. Neben schlichten Modellen setzten sich auch immer mehr auffallende Designs mit Mustern, Stickereien oder Spitze durch. Grundsätzlich galt in der Mode der 60er Jahre, je weniger konventionell und angepasst, desto besser.
Knabenhafte Figuren mit wenig Oberweite galten als modern.
Kein Wunder also, dass viele Frauen auch transparente Blusen trugen und so gerade bei den älteren Generationen für Empörung sorgten. Der Generationenkonflikt, der sich bereits in den 50er Jahren andeutete, spielte in den 60er Jahren eine entscheidende Rolle im Zusammenleben. Jugendlichkeit wurde in der Mode der 60er Jahre großgeschrieben. Tatsächlich trug selbst die First Lady, Jackie Kennedy, jugendliche Kleidung, die wenig mit dem konventionellen Kleidungsstil gemeinsam hatte. Ihr Kleidungsstil wurde von vielen Frauen bewundert und nachgeahmt.
Ab 1965 wurden die Outfits immer schriller und bunter und somit zunehmend provokanter. Statt Hemden und Krawatten eroberten Blumen die Kleiderschränke. Dabei flossen auch Accessoires aus fremden Kulturen, wie den Eskimos, Indianern oder fernöstlichen Ländern, in den Kleidungsstil ein. Erlaubt war, was gefiel. Auch die Frisuren in den 60er Jahren waren sehr vielfältig. Neben kurzen Haaren, wie Twiggy sie trug, prägten auch lange Haare, die zum Beehive (engl. für Bienenstock) hochgesteckt wurden das Straßenbild. Dabei näherten sich Männer und Frauen in ihrem gesamten Erscheinungsbild immer mehr einander an.
In den 60er Jahren gehörte die Hose wieder zum gefragten Kleidungsstück der Frau, nachdem sie in den 50er Jahren eher abgelehnt wurde. Die Jeans in Verbindung mit dem amerikanischen Freiheitsgefühl eroberte den Markt. Besonders beliebt war die Hose bei den Hippies. Diese trugen weite Schlaghosen mit Blumenapplikationen oder Seitenschlitzen.
Doch nicht nur der Kleidungsstil der Frauen war sehr extrovertiert und das absolute Gegenteil zu den sittsamen Konventionen der vorangehenden 50er Jahre. Auch die Männermode erlebte eine echte Revolution und trug die neuen Geschlechterrollen der 60er Jahre gekonnt nach außen.
Männer der 60er – Mode zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit
Während sich bei den Frauen immer mehr ein androgyner Look mit kurzen Haaren und knabenhaften Schnitten etablierte, flossen immer mehr weibliche Einflüsse in den männlichen Kleidungsstil ein. Dies äußerte sich bereits darin, dass vor allem junge Männer von nun an die Haare lang trugen. Doch auch die Kleidung wurde deutlich weiblicher. Weich fließende Formen, Hemden mit Rüschenbesatz und bunt gemusterte Kleidung prägten vor allem ab 1965 den männlichen Kleidungsstil.
Zu den beliebtesten Mustern gehörten Karos, Streifen und Fischgrätenmuster. Konventionelle Accessoires wie Krawatte und Hemden galten als spießig. Besonders in der Hippiegeneration erfreuten sich weite Schlaghosen mit blumigen Verzierungen großer Beliebtheit. Lediglich in der älteren Generation gehörte der Anzug nach wie vor zum beliebten Kleidungsstück.
Die typischen Accessoires der 60er Jahre
Grundsätzlich gab es vor allem zum Ende des Jahrzehnts wenige Vorschriften bei der Wahl der Accessoires. Frauen und Männer wählten bunte, auffällige Accessoires, die nichts mit den konventionellen Hüten und Krawatten der vorherigen Generationen gemeinsam hatten. Futuristische Materialien waren ebenso beliebt wie transparentes PVC oder exotisch anmutende Farben. Auch bei der Wahl der Schuhe war vom Gummistiefel bis hin zum Plateauschuh alles erlaubt.
Die klassische Handtasche wurde immer mehr durch Beutel und Körbe ersetzt. Und auch der Modeschmuck wurde nach auffälligen Designs und Materialien ausgewählt. Von nun an trugen auch Männer Schmuck. Meist bevorzugten sie Lederbänder mit Anhängern. Die 60er Jahre waren wirklich aufregend und prägen noch heute die Mode.
Schließlich orientieren sich Trends nach wie vor an dem Kleidungsstil der Jugend. Großen Einfluss hatten die 60er Jahre aber auf die Geschlechterrollen. In keinem vorangehenden Jahrzehnt ähnelte sich die Mode von Frau und Mann so sehr wie in den 60er Jahren.